Net.Nite in Trogen!

Trogen. Keine Handys, keine Laptops, keine Computer. Im Restaurant Krone sitzen ein paar Männer am Stammtisch, trinken Bier, reden und lachen. Wie ein ganz gewöhnlicher Stamm. Aber es ist nicht die FDP, nicht die Gewerbler und es sind auch nicht die Bauern, die sich an jedem ersten Dienstag ab 20 Uhr im Restaurant Krone treffen. Der in Trogen wohnhafte Journalist Pius Kessler vom St.Galler Anzeiger hat die «net.nite» initiert: «Wir verzichten bewusst auf die Geräte, weil wir nicht technisch vor der Kiste hocken, sondern zum Haus hinausgehen und miteinander reden wollen.» Im Alltag gehe es doch immer nur um technische Fragen.

Keine Ansprüche

Ein zweiter Grund für die «net.nite» war, «alle einmal kennenzulernen, mit denen ich über E-Mail kommuniziere.» In welche Richtung sich die «net.nite» entwickelt, weiss Kessler nicht: «Vielleicht gibt es das monatliche Treffen im Herbst bereits nicht mehr.» Bisher sind nur Leute gekommen, die das Medium Internet bereits ausgiebig nutzen: «Aber bei uns sind auch Menschen mit Berührungsängsten zum Internet herzlich willkommen.» Die «net.nite» soll laut Kessler so chaotisch sein, wie das Internet einmal gewesen ist: «Wir haben kein Thema, haben aber doch immer Themen.» Will heissen: Über was gesprochen wird, hängt von den Teilnehmern ab.

Auch sonst herrschen keine Regeln, jeder kann kommen, wann er will, und jeder kann gehen, wann er will. «Wir wollen einfach ungezwungen zusammensitzen und Bier trinken», sagt Kessler. Einfach eine weitere Saufrunde für Männer? «Nein, leider ist bisher noch keine Frau an der "net.nite" erschienen. Selbstverständlich sind Frauen aber auch eingeladen: Der ersten Frau, die erscheint, wird "Kronen"-Wirt Ruedi Böhm einen Blumenstrauss überreichen», sagt Kessler.

Kommerzielle Tendenzen

Am letzten Dienstag abend wurde querbeet übers Internet diskutiert. Von der Frage nach dem idealen Server, bis hin zu kommerziellen Tendenzen auf dem Netz, die etwa im Monopol von Microsoft gipfeln. Sarkastisch sagt Thomas Bänziger: «Der Markt spielt. Einer hat ein Monopol, die anderen gehen ein.» Es gab einmal eine Zeit, da wurde das Internet von vielen als Weg zur Demokratisierung durch freien Zugang zu Informationen gefeiert. Doch jetzt präsentiert sich die Situation verändert: Wer die immensen Kosten bezahlen kann, hat Zugriff zu den Informationen im WorldWideWeb. Der ebenfalls anwesende Trogner Künstler Hans-Ruedi Fricker: «Es besteht die Gefahr, dass bei uns dadurch eine neue "Dritte Welt" entsteht.»

Sammlung für Cook Islands

Pius Kessler Homepage http://www.pke.net enthält ein E-Mail-Verzeichnis von Trogen: «Meine Homepage ist die Website für Trogen und für die Südsee.» Ja, Südsee. Pius Kessler war mit Familie schon diverse Male Jahre in Australien, Neuseeland, der Südsee und eben auf den Cook Islands. Auf seiner Homepage ist auch der "andere" Online-Reiseführer für Neuseeland und die Cook Inseln zu sehen, den er damals verfasst hat: «So haben sogar Australier über Trogen ein Haus auf den Cook Islands gemietet.» Das Internet überwindet Distanzen.

Im November vergangenen Jahres hat ein Wirbelsturm die Cook Islands heimgesucht. Kessler hat auf seiner Homepage für den Wiederaufbau gesammelt: «Es sind fast 1000 Franken zusammen gekommen.»