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Auf in den südlichen Herbst


5. E-mail aus Aotearoa: 21. April 1996


Er lächelt, schmunzelt: "Yes you'r right. Things have changed here very much!" Und wir erinnern uns: da waren doch noch keine Absperrungen, gepflegten Fusswegli, keine peinlich sauberen Toiletten und überhaupt: Von einer deutschen Ausgabe eines Touristen-Prospektes konnte man nur träumen. Doch heute! Alles so gepflegt, auf Tourismus ausgerichtet. Nur die Hotpools dampfen immer noch ruhig vor sich hin, die Vulkane stinken weiter nach faulen Eiern und im Café-Shop gibt es noch immer diese weissbrotigen, dreieckigen, pappigen Sandwiches: Rotorua at it's best - Seightseeing in Whakarewarewa. Es ist Freitag, 19. April 1996 - der Himmel bewölkt, Nieselregen. Über Neuseeland legt sich der Herbst, Zeit zum Reisen, Unterwegs Sein.

Eine Stunde Übelkeit
Noch einmal geniessen wir in "unserer" Wellington Bay die Beach, das Meer, das Fischen, die Wellen - die Ruhe. Und einen Ausflug gönnen wir uns auch noch: Den Besuch der Poor Knights Islands - einer Sperrzone für Menschen, einem Paradies für Pflanzen und Tiere. Eine Stunde mit dem Schiff hin, eine Stunde zurück - gerade lange genug, um Seekranke elend werden zu lassen, aber glücklicherweise nicht so lange, dass die Kotzerei einem den Z'nacht verdirbt. Schnorcheln und Kanufahren ist angesagt bei den Poor Knights. Ein einmaliges Erlebnis in diesem fischreichen Gebiet, das als einer der besten Tauchgründe der Welt gilt. Und tatsächlich: so umschwärmt von Fischen wird man selten, eindrückliche Kanufahrten durch Höhlen und kristallklares Wasser lassen die Schönheiten und Zerbrechlichkeiten dieser Welt aufleben. Poor Knights ist tatsächlich eine Stunde Übelkeit wert!

Alles ist machbar
Nach über sieben Wochen Wellington Bay heisst es Abschied nehmen von Ngunguru. Es herbschtelet, wenn morgens einzelne Nebelfetzen über der Bay hängen und die Sicht aufs freie Meer verdecken. Am Mittwoch, 17. April, geht's südwärts. Ein letzter Stop in Whangarei, beim Town Basin. Da, wo die Stadt sich von der schönsten Seite zeigt, Segelboote aus aller Welt im Hafen dümpeln und Shops und Restaurants die upper class und Touristen anlocken. Adieu sagen wir auch den "Vortex"-Frauen, die ihre Design- und Cloth-printing and -making-Factory aufzubauen versuchen: Mit viel Einsatz und dem gewissen "New-business-Biss", der vielerorts in Neuseeland anzutreffen ist. Denn in diesem Land gilt zurzeit in der Tat: alles ist machbar! Hauptsache, wir packen es an und versuchen es. Von dieser Power hätte die jammernde Schweizer Wirtschaft ein gutes Stück nötig!
Die Fahrt Richtung Auckland entlang der Hauptstrasse ist - abgesehen von einem brennenden Schulbus - kaum spektakulär. Für Touristen eignen sich wohl eher die Küstenstrassen, die zwischendurch immer wieder spektakuläre Aus- und Einsichten ermöglichen. Doch unser Ziel ist nicht die Fahrt - mit Kindern machen touristische Umwegkilometer ohnehin keinen Sinn.

Paradies im Abflusskanal
Nach einer Übernachtung in Orewa, an der Hibiskus-Coast, erreichen wir anderntags Auckland - big City, big business. Nach etwas downtown-Luft und dem Hafenspaziergang - samt Besuch der Greenpeace-Schiffe, die nach dem kriminellen Franzosen-Überfall vor Mururoa nun wieder auf Vordermann gebracht werden - tauchen wir in die Abflusskanäle Aucklands: Kelly Tarlton, ein Spinner und Taucher, ein Lebenskünstler, Fantast und Chrampfer, hat vor gut zehn Jahren begonnen, in diesen alten Abflusskanälen eine einmalige Unterwasserwelt zu bauen. Drei oder vier Stunden verbringen wir im Untergrund, besichtigen und erleben diese fantastisch Unterwasser- und Antarktiswelt.

Heisser Boden
Es dunkelt, als wir uns entlang der Hauptstrasse langsam Hamilton nähern. Wieder "zuhause" bei der Konig-Family, deponieren wir Sommerkleider und Souvenirs und diskutieren die halbe Nacht unsere weiteren Reisepläne. Anderntags die Fahrt nach Rotorua, dorthin, wo alle Touristen busweise gepilgert werden, da wo die Maori-Kultur zelebriert wird wie in Einsiedeln die Wallfahrten und in München das Mass-trinken.Trotzdem: Malolo und Kim sind begeistert, und auch wir geniessen den Besuch des heissen Bodens und der Maori-Show sehr. So sehr und so lange, dass es schon wieder dunkel ist, als wir Taupo erreichen.

Panne!!
Taupo lädt ein: zum Bummel und Baden in den Hot-Pools, zum Spazieren am See, zum Fischen und Flanieren, Taupo ist einen Tag wert! Kim und Malolo bekommen nicht genug vom heissen Wasser-Bad, und im Motel müssen sie gleich nochmals ins Sprudelbad sitzen - den ganzen Luxus geniessen, den dieses Motel bietet. So fahren wir erst sonntags wieder los Richtung Wellington - der Ruapehu ist wolkenverhangen, viel sehen wir nicht entlang dieser Desert-Road. Eine lange Fahrt, dann endlich: keine zwei Kilometer mehr, bis zum Standrand von Wellington! Doch genau da will unser Auto nicht mehr. Nur noch im ersten Gang lässt es sich tuckern, dann sogar nur noch im Rückwärtsgang. . .

© by: Pius Kessler
Texte dürfen ohne Rücksprache mit dem Autor nicht zu kommerziellen Zwecken verwendet werden.

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update: Januar 2000